Barocke Pracht und schlichte Schönheit

Ein sehr lesens- und studierenswertes Kompendium zur Geschichte und Gegenwart des Orgelbaus in Brandenburg

Viel Mut, Kraft und Arbeitszeit waren notwendig, ein derart umfang- und detailreiches Projekt zu bewältigen: Eine umfassende Überschau über Geschichte und Gegenwart der Orgellandschaft Brandenburg, die das Interesse eines breiten Leser- und Freundeskreises wecken möchte. Im Gegensatz zum größten Teil der vorhandenen Orgelliteratur wendet sich das vor wenigen Wochen im Berliner Verlag CULTURCON medien erschienene Buch „Barocke Pracht und schlichte Schönheit. Orgeln in Brandenburg“ nicht an Fachleute, sondern soll, wie die Autorin, Elke Lang, in ihren einführenden Worten betont, „den Musikliebhabern und Mitgliedern von Kirchengemeinden zum Verständnis der Orgel dienen“ und ihnen zugleich bewusst werden lassen, „dass der Bestand an Orgeln in Brandenburg nicht automatisch gesichert ist“, und sie daher anregen, soweit möglich, durch einen Konzertbesuch oder eine Spende zu deren Erhaltung und Wiederherstellung beizutragen.

Die fünf Kapitel des großformatigen, mehr als 200 Seiten starken, reich mit zumeist farbigen Fotos illustrierten Bandes schöpfen aus einem umfassenden Fachwissen, das sich die in Grünheide östlich von Berlin als freiberufliche Publizistin lebende Verfasserin in rund drei Jahrzehnten erwerben konnte. Einleitend wird in „Geschichtlichen Vor- und Nebenspielen“ beleuchtet, aus welchen Anfängen die spätere Kirchenorgel hervorging und welche Instrumente sich vom Mittelalter bis zur Gegenwart neben ihr entwickelt haben. Drei ausführliche Kapitel verfolgen die brandenburgische Orgelgeschichte in engem Zusammenhang mit der Landesgeschichte von den frühesten Überlieferungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

Im Brennpunkt stehen jeweils die führenden Meister. Im zweiten Kapitel, „Zwischen Absolutismus und ländlichem Patronat“, sind es die nicht in Brandenburg beheimateten Familien Scherer und Schnitger, der aus Karow bei Magdeburg stammende Joachim Wagner und Gottfried Silbermann aus dem Osterzgebirge. Im folgenden Beitrag wird eingehend das „Lange Verharren und der heftige Umschwung im 19. Jahrhundert“ dargestellt. Im letzten Beitrag der Geschichtsdarstellung fällt ein kritischer Blick auf die „Orgelbewegung“ in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die schweren Verluste des Zweiten Weltkrieges sind ein weiteres Thema. Viele bemerkenswerte Überlegungen und Fragen knüpfen sich schließlich auch an die jüngste Vergangenheit und die gegenwärtige Situation.

Ausführliche Würdigungen aller namhaften Orgelbauer

Den größten Umfang, nahezu zwei Drittel des Bandes, nehmen die Übersichten über den derzeitigen Orgelbestand in den brandenburgischen Landkreisen und kreisfreien Städten ein. Ausführlich werden hier vor allem die historischen Instrumente in ihrem Werden und dem gegenwärtigen Bestand gewürdigt. Doch auch den namhaften Orgelbauern des 19. und 20. Jahrhunderts bis heute sind zu einem Teil ausführliche Darstellungen gewidmet. Genannt seien vor allem die von Wilhelm Sauer begründete Werkstatt in Frankfurt (Oder), deren Nachfolgeunternehmen sich heute in Müllrose befindet, die Firma Schuke in Potsdam und Werder, der Mitteldeutsche Orgelbau A. Voigt in Bad Liebenwerda, der 2005 sein 100. Betriebsjubiläum feiern konnte, und die 1990 von Christian Scheffler in Sieversdorf bei Frankfurt ins Leben gerufene Werkstatt, die sich vor allem durch bedeutungsvolle Restaurierungsvorhaben verdient gemacht hat.

Die nicht ausführlich erwähnten Instrumente werden in Orgelverzeichnissen zusammengefasst, die sich jedem der insgesamt acht Landschaftsabschnitte – über die Mittelmark, das Land an der Havel, die Prignitz und die Uckermark, den Barnim mit dem Land an Oder und Spree, die Lausitz, den Elbe-Elster-Kreis und die Region Teltow-Fläming – anschließen. Berliner Orgeln sind kein Thema der Veröffentlichung. Sie werden aber gelegentlich erwähnt, wenn sich durch die gleichen Erbauer Beziehungen zu brandenburgischen Instrumenten ergeben.

Ergänzt wird der Band durch einen rund 40 Seiten zählenden Anhang. Neben ausführlichen Anmerkungen und Literaturangaben, die zu weiteren Studien anregen sollen, ist hier u.a. eine Schematische Übersicht über die Orgelbauer der Mark Brandenburg und ihre zum Teil die Grenzen des Landes übergreifenden Beziehungen zu finden. Eine Alphabetische Übersicht nennt sämtliche im Text erwähnten Orgelbauer mit ihren in der Darstellung zu findenden Instrumenten. Eine Chronologische Übersicht hält in der Zeit von 1657 bis 2011 Jahr für Jahr alle wesentlichen Werke mit ihren Erbauern und der jeweiligen Registerzahl fest.

 

Wolfgang Hanke

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