Klingendes Komponisten-Porträt Rudolf Mauersbergers: Drei Discs mit Erstaufnahmen, Neueinspielungen und Archivaufnahmen

Rudolf Mauersberger als Komponist: Höhepunkte und Krisen

Der 125. Geburtstag Rudolf Mauersbergers am 29. Januar dieses Jahres gab den Anlass zu einer außergewöhnlichen Ehrung. Der 1992 ins Leben gerufene Förderkreis Dresdner Kreuzchor e.V. würdigt das Gedenkjahr des 25. evangelischen Kreuzkantors mit einer klingenden Überschau über sein reiches kompositorisches Schaffen, das weit über ein halbes Jahrhundert umspannt. Die Initiative ging von einem einstigen Mitglied des Kreuzchores, Gerhardt Uhle, aus, der nach langjähriger Tätigkeit als Gemeindepfarrer und Klinikseelsorger seit 2012 im aktiven Ruhestand in Dresden lebt. Er konnte den Förderverein unter seinem Vorsitzenden, Christoff Andrich, und eine Vielzahl von Chören mit ihren Leitern, die sich der Pflege von Mauersbergers Werken widmen, zu intensiver Mitwirkung gewinnen.

Das zum größten Teil durch Spenden finanzierte Komponisten-Porträt umfasst drei CDs mit jeweils etwa 79 Minuten Spieldauer. Insgesamt sind in Erstaufnahmen, Neueinspielungen und Archivaufnahmen 97 klingende Ausschnitte aus nahezu sechs Jahrzehnten von Rudolf Mauersbergers Schaffen zu erleben. Seine Hauptwerke, das zum Gedenken an die verheerende Zerstörung seiner Wirkensstätten durch die Bombenangriffe vom 13. und 14. Februar 1945 entstandene Dresdner Requiem, die Lukaspassion, die Christvesper, Christmette und Ostermette und der Zyklus der Sommermusik präsentieren sich in jeweils mehreren Aufnahmen, die zu einem Teil sogar von verschiedenen Chören und Dirigenten stammen. Denn ganz bewusst hat sich Gerhardt Uhle dafür entschieden, nicht nur den Kreuzchor unter Mauersberger, seinen Amtsnachfolgern und deren Stellvertretern, Martin Flämig, Gothart Stier, Matthias Jung, und dem gegenwärtigen Kantor, Roderich Kreile, zu Wort kommen zu lassen. Er sah auch einen tiefen Sinn darin, deutlich zu machen, wie viele Chöre neben den Kruzianern nach wie vor Mauersbergers Kompositionen weit über Dresden hinaus intensiv pflegen und zur Aufführung bringen.

Eine Vielzahl von Chören singt Mauersbergers Werke

Genannt seien neben vielen weiteren der Bachchor Eisenach unter Christian Stötzner, der Bachverein Aachen, den Mauersberger in den frühen 20er Jahren leitete, unter Georg Hage, der Dresdner Bachchor unter Matthias Leidenberger und der Dresdner Motettenchor unter Matthias Jung, der Freiberger Kammerchor unter Peter Kubisch, der Chor der Dresdner Hochschule für Kirchenmusik unter Christfried Brödel und Stephan Lennig, der Kammerchor Con Anima Göttingen unter Jan Scheerer, der Kammerchor der Lutherkirche Radebeul unter Gottfried Trepte, die Kantorei Radeberg unter Rainer Fritzsch, der Philharmonische Kinderchor Dresden unter Gunter Berger, der Rundfunkjugendchor Wernigerode unter Peter Habermann, die Singakademie Dresden unter Ekkehard Klemm, der Thomanerchor Leipzig unter seinem gegenwärtigen Kantor Georg Christoph Biller, der Universitätschor IWU aus den USA unter Scott Ferguson, der Thüringische Akademische Singkreis unter Wolfgang Unger, das Vocal Concert Dresden unter Peter Kopp und – nicht zuletzt – die Berliner Domkantorei unter ihrem langjährigen früheren Leiter Herbert Hildebrandt. Hervorgehoben werden muss, dass eine ganze Reihe der in diesem Zusammenhang erwähnten Dirigenten und nicht wenige Chormitglieder aus dem Kreuzchor unter Mauersberger hervorgegangen sind.

Mauersbergers gesamte Entwicklung mit allen Höhepunkten und Krisen

Seinen besonderen Wert gewinnt das klingende Porträt, da es auch Mauersbergers frühe Schaffenszeit zu Wort kommen und nahezu seine gesamte Entwicklung mit allen Höhepunkten und Krisen nachvollziehen lässt. Am Beginn spielen zwei der Sächsischen Streichersolisten der Dresdner Staatskapelle und der Pianist Winfried Apel das Scherzo aus dem 1912/13 während der ersten Studienjahre am Leipziger Konservatorium Klaviertrio c-Moll, das noch auffallend an Brahms und Dvorák erinnert. Das mitreißende Finale des Werkes ist auf der gleichen CD am Ende von deren erstem Kapitel „Lebensfreude und Lebenserfahrung“ zu hören. Die dritte CD zum Thema „Choralvariationen und Orgelmusik“ wird von Günter Brückner mit einem Präludium für Orgel aus etwa der gleichen Zeit eingeleitet.

Mauersberger wurde hier und in weiteren frühen Orgelkompositionen von dem damaligen Leipziger Thomasorganisten und späteren  Thomaskantor Karl Straube geprägt, der nicht zuletzt Max Reger hoch schätzte und häufig in Gottesdiensten, Konzerten und den Motetten des Thomanerchores darbot. Er war neben dem Pianisten Robert Teichmüller wohl der prominenteste unter Mauersbergers Lehrmeistern am Leipziger Konservatorium. Seinem Vorbild folgt auch das monumentale Werk, das die letzte der drei CDs beschließt: Introduktion, Ciaccona und Choral e-Moll, das packend von Martin Strohhäcker an der Orgel, dem Bläserensemble Tilman Peter und C. Altmann an den Pauken zu erleben ist. Den Hauptanteil an der für dieses Porträt getroffenen Werkauswahl nehmen aber, wie nicht anders zu erwarten, Vokalwerke ein. Unter ihnen sind neben den groß angelegten Chorkompositionen auch einige Sologesänge und vor allem die für die Kruzianer geschaffenen Kompositionen, aber auch eine ganze Anzahl für reine Kinderchöre bestimmte, schlichte, aber nichtsdestoweniger tief berührende Gesänge zu hören.

Die 20 Seiten umfassende Textbeigabe hält sich zwangsläufig in Grenzen. Sie verzeichnet in der gebotenen Kürze neben dem Gesamtprogramm der drei CDs sämtliche mitwirkenden Chöre und Solisten. Ein einleitendes Gespräch des Fördervereinsvorsitzenden mit dem Initiator der Edition unterrichtet über die spezifischen Intentionen, die dem Porträt zu Grunde gelegt wurden. Einem der prominentesten Mauersberger-Spezialisten, Prof. Dr. Matthias Herrmann von der Dresdner Musikhochschule, Autor des in mehreren Auflagen erschienenen Werkzeichnisses, ist eine zwar nur kurz gefasste, aber dennoch weitgehend erschöpfende Würdigung  des fünfundzwanzigsten der evangelischen Kreuzkantoren in Dresden als Komponisten unter dem bemerkenswerten Titel „Aus der Praxis – für die Praxis“ zu danken.-

 

Wolfgang Hanke

Ein Gedanke zu „Klingendes Komponisten-Porträt Rudolf Mauersbergers: Drei Discs mit Erstaufnahmen, Neueinspielungen und Archivaufnahmen

  1. Lieber Herr Hanke,
    danke für Ihren Artikel. Ich freue mich über Ihre Unterstützung meiner/unserer Absicht, die Musik Rudolf Mauersbergers einer breiteren Öffentlichkeit näher zu bringen.
    Ich möchte Sie gern ermuntern, diesen Artikel in nächster Zeit den überregionalen Musik-Zeitschriften anzubieten – sozusagen als Resümee des 125. RM-Geburtstag-Jahres.
    Eine Bitte habe ich in diesem Zusammenhang: Wenn Sie den Artikel an weiteren Stellen veröffentlichen, dann gehen Sie, bitte, zusätzlich auf die (zum Projekt dazugehörige) Internet-Präsentation ein
    >> http://www.komponistenportrait-rudolf-mauersberger.de . Denn hier sind das vollständige Interview zwischen Christoff Andrich und mir hinterlegt, vor allem aber sämtliche gesungenen Texte der Tracks aufgeführt und (im Aufbau begriffen) demnächst die „Bezugsquellen“/Verlagsveröffentlichungen aufgelistet.
    Danke und viele Grüße Gerhardt Uhle.

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