Beispielloser Glücksfall

Hinreißende neue Akzente in Mühlenbeck mit der genialen jungen Geigerin Elfa Rún Kristinsdóttir aus Island

Es war ein geradezu beispielloser Glücksfall. Buchstäblich in letzter Minute gelang es Konzertmeister Georg Kallweit, für ein wegen schwerer Erkrankung nicht realisierbares Gastspiel der Berliner Akademie für Alte Musik in der Mühlenbecker Dorfkirche einen nicht nur vollwertigen, sondern wahrhaft hinreißenden Ersatz zu finden: einen Duoabend mit der charmanten, wunderbar sensibel, aber auch packend kraftvoll musizierenden jungen isländischen Geigerin Elfa Rún Kristinsdóttir und ihrem Partner Santiago Medina. Sie hatten für ihr Programm höchst einprägsame, zum Teil aber auch sehr humorvolle Werke für zwei Violinen und Violine solo von Georg Philipp Telemann, Johann Paul Westhoff, Jean Marie Leclair und Heinrich Ignaz Franz Biber ausgewählt.

Die Konzerte der „Akamus“, zu denen die frühere Mühlenbecker Pastorin Hedda Bethge und ihr Ehemann, Hans Gebhard Bethge, Professor für Neues Testament und mehrere Jahre Dekan der Theologischen Fakultät der Berliner Humboldt-Universität, in den 1980er Jahren den Anstoß gaben, zählen seit langem zu den Höhepunkten des musikalischen Lebens in der nördlich von Berlin gelegenen Kirchengemeinde. Das Violinduo beschritt seine eigenen Wege, setzte aber nicht minder überragende Akzente und hinterließ mit seinem ersten Mühlenbecker Gastkonzert, dem, wie man wohl hoffen darf, weitere folgen werden, eine wahrhaft einzigartige Faszination.

1985 im isländischen Akureyri geboren, erhielt Elfa Rún Kristinsdóttir bei Rainer Kussmaul an der Freiburger Musikhochschule eine sehr gründliche Ausbildung auf dem Gebiet der Alten Musik, die sie seit 2009 in der Solistenklasse von Carolin Widmann in Leipzig vertiefen konnte. Drei Jahre zuvor hatte sie am gleichen traditionsreichen Ort beim Internationalen Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb bereits nicht weniger als drei Auszeichnungen errungen: den Ersten Preis im Fach Violine, den Publikumspreis und einen Sonderpreis für die jüngste Finalistin. Weitere Preise an anderen Orten schlossen sich an.

Die genial und im höchsten Grade vielseitig befähigte Künstlerin wirkt regelmäßig als Gast in Konzerten der Akademie für Alte Musik mit, hat inzwischen aber auch in ihrem Heimatland ein auf Neue Musik spezialisiertes Kammerorchester mitbegründet. Seit 2008 ist sie Konzertmeisterin in dem jungen Berliner Solistenensemble Kaleidoskop, das sich gleichfalls in großem Umfang, aber nicht einseitig, der gegenwärtigen Musik widmet und auch sehr eindrucksvoll mit dem international hoch angesehenen Tanzensemble von Sasha Waltz & Guests zusammenwirkt.

Wolfgang Hanke

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