Auf der Suche nach dem „wahren Bach“

Das Eisenacher Bachhaus ist erneut mit einer bemerkenswerten Ausstellung im Berliner Dom zu Gast

Das Eisenacher Bachhaus konnte seine umfangreiche Porträtsammlung um eine Kostbarkeit von außergewöhnlichem Rang bereichern: Ein mit höchster Wahrscheinlichkeit authentisches Pastell-Bildnis Johann Sebastian Bachs, bei dem es sich um das lange Zeit verschollen geglaubte Porträt aus dem Besitz seines zweiten Sohnes Carl Philipp Emanuel handeln dürfte, auf das dieser selbst in einem Brief an den Bach-Biographen Johann Nikolaus Forkel hingewiesen hatte. Es tauchte erstmals 1927/28 in der einst berühmten Sammlung des leidenschaftlichen Bach-Fans Manfred Gorke auf, die 1935 fast vollständig in den Besitz der Stadt Leipzig überging und heute zu den Kernbeständen des Leipziger Bach-Archivs gehört.

Das Bach-Pastell wurde erst ein Jahr später an einen Berliner Industriellen verkauft und rückte damit für ein volles Dreivierteljahrhundert aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Im Dezember des vergangenen Jahres konnte es das Eisenacher Bachhaus, entscheidend finanziell unterstützt von der Neuen Bachgesellschaft und der Leipziger Johann-Sebastian-Bach-Stiftung, für 48 000 Euro aus privatem Besitz erwerben und präsentiert es nun erstmals für sechs Wochen, bis Ende April, in der Sonderausstellung „Echt Bach !“ im Berliner Dom. Voraussichtlich ab dem 1. Mai wird es auf Dauer im Eisenacher Bachhaus zu sehen sein. Vor der offiziellen Eröffnung der Ausstellung am 13. März stellte der Direktor und Geschäftsführer des Bach-Hauses, Dr. Jörg Hansen, das Porträt in der Thüringischen Landesvertretung in Berlin bereits mit ausführlichen Erläuterungen der Presse vor und weckte damit weitreichendes Interesse.

Mit der Kabinett-Ausstellung „Echt Bach !“ ist die weltweit umfassendste Bachiana-Sammlung bereits zum zweiten Male im Berliner Dom zu Gast, wiederum, wie schon im vergangenen Jahre, in Verbindung mit Christoph Hagels Tanztheater-Präsentation von Bachs Johannes-Passion , die mit mehr als 70 Mitwirkenden aus zwölf Ländern bis zum 15. April in einer weiterentwickelten Wiedergabe erneut dreizehnmal an der gleichen traditionsreichen Stätte und darüber hinaus auch im Leipziger Gewandhaus, der Dresdner Kreuzkirche und in Süddeutschland zu erleben ist. Die Ausstellung ist tagsüber einbezogen in die Domrundgänge und konzentriert sich auf den Kaiserflur und die Dom-Loge, wo in sechs Hörstationen Meilensteine der Bach-Interpretation, aber auch Werke erlebt werden können, die lange Bach fälschlich zugeschrieben wurden. In der von Dr. Jörg Hansen und dem Vorsitzenden der Neuen Bachgesellschaft, dem Leipziger Theologen Prof. Dr. Martin Petzoldt, mit einprägsamen Ansprachen eröffneten Schau geht es diesmal um die Suche nach dem „wahren Bach“. Im Brennpunkt steht die Bach-Ikonographie. Doch auch die Biographik, die in den letzten Jahren erneut wichtige Fortschritte erreichen konnte, und die sich immer wieder wandelnde Aufführungspraxis werden beleuchtet.

 

Wolfgang Hanke

 

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