Eine Fülle von Veranstaltungen an den Stätten seines Lebens und Schaffens
Das 300. Geburtsjahr Carl Philipp Emanuel Bachs, des zweiten und zu seiner Zeit ohne Zweifel berühmtesten Sohnes von Johann Sebastian Bach, wird gegenwärtig nicht weniger reich und vielgestaltig gefeiert als die Gedenkjahre seines Vaters in jüngster Vergangenheit, 1985, 2000 und 2010. Weimar, wo er am 8. März 1714 zur Welt kam und seine ersten musikalischen Eindrücke sammeln konnte, würdigt ihn nicht weniger intensiv als Köthen, wo der Vater von 1717 bis 1723 als Hofkapellmeister wirkte. Leipzig erinnert an die anschließenden entscheidenden Jahre seiner künstlerischen Ausbildung unter der intensiven Fürsorge des Vaters, der neben dem Thomaskantorat auch eine umfangreiche öffentliche Konzerttätigkeit begründete. Die Oderstadt Frankfurt verweist nicht nur auf die Fortsetzung seines in Leipzig begonnenen Jurastudiums an der Viadrina-Universität. Sie würdigt mit einer Ausstellung, Vorträgen und Konzerten auch seine hier entstandenen frühen Kompositionen und seine musikalische Unterrichtstätigkeit.
Hamburg, wo er seit 1768 in der Nachfolge seines Taufpaten Georg Philipp Telemann zwei volle Jahrzehnte das Musikdirektorat der fünf Hauptkirchen versah und eine Vielzahl nicht nur geistlicher Werke schuf und zur Aufführung brachte, steht unter den Pflegestätten seines reichen schöpferischen Erbes während des derzeitigen Gedenkjahres mit an erster Stelle. Doch auch Berlin und Potsdam ehren sein Leben und Werk umfassend, obwohl er in der Hofkapelle König Friedrichs II. als Kammercembalist mit dem bescheidenen Jahresgehalt von zunächst nur 300 Talern wahrhaft keine herausragende Position bekleidete und von seinem Dienstherrn längst nicht seinem überragenden musikgeschichtlichen Rang entsprechend gewürdigt wurde.
Für Berlin bedeutungsvoll ist und bleibt, dass hier in der Staatsbibliothek ein großer Teil seiner schöpferischen Hinterlassenschaft verwahrt und sowohl für das aktuelle Musikleben wie auch für die Forschung nutzbar gemacht werden konnte. Eine umfangreiche Ausstellung im Bonhoeffer-Saal der Staatsbibliothek am Kulturforum gibt bis zum 29. März Einblick in die reichen Schätze aus dem Erbe Carl Philipp Emanuel Bachs, über die die Musikabteilung verfügt. Sie wurde mit einem Kammerkonzert eröffnet, in dem der hoch befähigte Spezialist für die Barockvioline Wolfgang Hasleder gemeinsam mit dem Potsdamer Nikolaikantor und künstlerischen Leiter der Bachtage in der brandenburgischen Landeshauptstadt, Björn O. Wiede, unmittelbar zuvor im Erstdruck erschienene Duosonaten von Carl Philipp Emanuel Bach eindrucksvoll zum Erklingen brachten.
In das Konzert eingebunden waren, eröffnet durch Grußworte der Generaldirektorin der Bibliothek, Barbara Schneider-Kempf, und des Vorsitzenden der mit einer ganzen Reihe eigener Sammlungsbestände präsenten Sing-Akademie zu Berlin e.V., Georg Graf zu Castell-Castell, ausführliche Erläuterungen der Kuratorinnen und Kuratoren der Ausstellung zu den gezeigten Kostbarkeiten. Besondere Anerkennung verdient, dass das Kuratorenteam unter Leitung von Martina Rebmann einen reich illustrierten Begleitband unter dem Titel von Carl Philipp Emanuel Bachs theoretischem Hauptwerk „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“ zum Druck gebracht hat, der umfassend und höchst einprägsam Aufschluss gibt über das Leben und Werk und den überragenden musikgeschichtlichen Rang des heute wieder in seiner vollen Bedeutung erkannten und gewürdigten Bach-Sohnes.
Wolfgang Hanke