Nachhaltige Eindrücke vom 6. Berliner Klavier-Wettbewerb der Renate-Schorler-Stiftung

Hoffnungsvolle junge Pianisten

Seit einem Jahrzehnt veranstaltet die Berliner Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ alle zwei Jahre einen anspruchsvollen internationalen Wettbewerb für die fähigsten Studierenden ihrer Klavierklassen, bei dem auch Studenten der Universität der Künste zur Teilnahme eingeladen sind. Er findet statt im Gedenken an Prof. Renate Schorler, die bis zu ihrem viel zu frühen Tod im Jahre 2000 das schon in der Vergangenheit hohe Niveau der Klavierausbildung an der Eisler-Hochschule entscheidend mitbestimmt hatte. Ihr ist eine Stiftung zu danken, aus der der Wettbewerb nun bereits zum sechsten Male finanziert werden konnte. Gefordert waren in diesem Jahre in der ersten Runde neben virtuosen Etüden Werke von Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn Bartholdy, dem das besondere Interesse der Stifterin gegolten hatte. Die zweite Runde konzentrierte sich auf die Wiener Klassik unter Einschluss von Franz Schubert, den Impressionismus und die folgenden Stile bis 1950. Im Brennpunkt der Finalrunde stand die Romantik. Von jedem der Teilnehmer wurde überdies ein Klavierkonzert nach freier Wahl erwartet. Dabei erwies sich allerdings nicht als glücklich für das klangliche Gleichgewicht, dass die Orchesterbegleitung nur einem zweiten Flügel übertragen werden konnte.

Zu dem sechsten Wettbewerb, der vom 10. bis zum 16. Dezember 2012 im Studiosaal der Eisler-Hochschule in der Charlottenstraße gegenüber dem Konzerthaus am Gendarmenmarkt stattfand, hatten sich fünfzehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeldet. Sie stammten überraschenderweise großenteils aus Ostasien, vor allem Südkorea, fanden von daher allerdings nicht immer einen überzeugenden Zugang zur klassischen Klavierkunst Mitteleuropas. Bewundernswert war in jedem Falle bei fast sämtlichen Kandidatinnen und Kandidaten die spieltechnische Souveränität. Den meisten von ihnen bereitete es keine Schwierigkeiten, selbst extrem rasche Tempi noch weit über das vom Komponisten angestrebte Maß hinaus zu steigern. Ungewöhnlich war nicht selten auch die Kraft, ja geradezu Wucht des Anschlags, die selbst äußerlich zart wirkende Spielerinnen aufbrachten. Es lässt sich allerdings darüber streiten, ob sie – gerade bei Werken der Klassik und Romantik, von Bach gar nicht zu reden – immer angemessen ist und nicht die Schönheit und Fülle des Klanges ernsthaft in Gefahr bringt.

Das Konzert der Preisträger bot in dieser Hinsicht Überzeugenderes. Selbst Interpretinnen, die in den Vorrunden noch deutlich über das Ziel hinausgeschossen haben mochten, zeigten sich hier merklich einfühlsamer und nicht nur technisch souverän, sondern auch klanglich sensibel. Robert Schumanns halbstündige Humoreske aus einem seiner frühen kritischen Jahre, 1839, wurde von der dritten Preisträgerin, der Koreanerin Youngkyung Hwang, im Abschlusskonzert spürbar einprägsamer und spannungsreicher dargeboten als in der Finalrunde. Auch ihre 26jährige Landsmännin Garam Cho, die einen der drei Förderpreise erhielt, überzeugte mit Maurice Ravels Klavierarrangement seiner sinfonischen Tanzdichtung „La Valse“ weit mehr als in der zweiten Runde. Den mit 3000 Euro bezifferten Ersten Preis errang mit vollem Recht der Italiener Viller Valbonesi. Er hatte mit der A-Dur-Sonate D 959 aus Franz Schuberts letzter Lebenszeit bereits in der zweiten Runde fasziniert und brachte mit ihr nun auch den gesamten Wettbewerb zu einem packenden Abschluss. Er verstand es wunderbar, den Flügel zum Klingen zu bringen und auch den leisesten Tönen noch Spannung abzugewinnen. Die 2. Preisträgerin, Mao Ishida, war wegen einer Fingerverletzung leider nicht in der Lage, an dem Konzert teilzunehmen. Sie nahm ihren Preis in Höhe von 2000 Euro aber mit Freude entgegen. Auffallend bleibt, dass alle drei Preisträger wie auch der vielversprechende Koreaner Gunyoung Hwang mit seinem Förderpreis aus der Klasse von Prof. Fabio Bidini kamen. Garam Cho studiert seit dem vergangenen Jahr im Masterstudiengang von Prof. Gabriele Kupfernagel. Die bisher noch nicht genannte Förderpreisträgerin Seoyoung Jang ist Schülerin von Prof. Brigitta Wollenweber.

 

Wolfgang Hanke

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