Beifallskundgebungen für Siegfried Matthus nach der Uraufführung seiner Oper „Effi Briest“ am Cottbuser Jugendstiltheater

Thomas Mann schrieb am 25. Dezember 1919 zum 100. Geburtstag Theodor Fontanes im Berliner Tageblatt über dessen Roman „Effi Briest“: er sei des Dichters „modernstes Werk, das am deutlichsten über die bürgerlich realistische Epoche hinaus in die Zukunft weist.“ Diese bewegende weibliche Leidensgeschichte der Weltliteratur mit tödlichem Ausgangs hat u.a. immer wieder zu Adaptionen für Bühne und Film gereizt. Nun also 100 Jahre später eine musikalische Umsetzung des Meisterwerks, eine Oper von Siegfried Matthus.Sie erlebte am 19. Oktober in der Regie von Jakob Peters-Messer, musikalisch geleitet von Alexander Merzyn, am Staatstheater Cottbus ihre Uraufführung.

Bemerkenswerte Liudmila Lokaichuk

„Effi Briest“ ist nicht die erste Fontane-Oper des anerkannten und theatererfahrenen Siegfried Matthus. Mit Blick auf den 200. Geburtstag des Märkischen Dichters hatte der inzwischen 85jährige vorausschauende Komponist Matthus bereits die „Grete Minde“ vertont. Die Oper wurde vor fünf Jahren zu den Fontane-Festspielen in Neuruppin uraufgeführt. Für beide Werke hat Frank Matthus, Sohn des Komponisten, das Libretto verfasst. Für beide stand die in ihrer Gestaltungskraft und musikalischen Umsetzung bemerkenswerte junge russische Sängerin zur Verfügung: Liudmila Lokaichuk. Siegfried Matthus hat sie bereits  für die Kammeroper Rheinsberg entdeckt und ihr die Effi quasi „auf den Leib geschneidert“.

Berührendes Psychogramm einer zerbrochenen Seele

Inzwischen ist die vielversprechende Sopranistin an der Oper Halle engagiert, gastiert aber weiterhin in Cottbus. Ihre hinreißende Darstellung der Effi ist von großer Intensität, Sensibilität  und Überzeugungskraft. Liudmila Lokaichuk spielt den unerfahrenen, lebensfrohen 17jährigen Wildfang, den die Mutter an den Baron von Innstetten verkuppelt, der einst selbst um deren Hand angehalten hat, ebenso lebensnah wie die durch gesellschaftliche Ächtung an gebrochenem Herzen zu Grunde gehende junge Frau. Sie bietet ein berührendes Psychogramm einer zerbrochenen Seele.

46 filmschnittartige Kurzszenen

Es ist kein leichtes Unterfangen ein Prosawerk in seiner Vielschichtigkeit in eine knappe dramatische Form zu bringen. Das Duo Matthus hat es verstanden in 46 filmschnittartigen Kurzszenen mit musikalischen Zwischenspielen den Handlungsverlauf des Romans so originalgetreu wie möglich wiederzugeben. Epilog und Nekrolog umrahmen die Handlung. Sie zeigen die Eltern am Grab ihrer Tochter Effi mit der Frage nach der eigenen Schuld an deren frühem Tod. „Es ist ein zu weites Feld“, resümiert der Vater.

Das Bühnenbild von Guido Petzold, ein halbhohes Wandsegment, gleich einer Klagemauer, und die Lichteffekte ermöglichen mit den Kostümen von Sven Bindseil einen schnellen Wechsel der Szenen und verweisen auf die jeweilige Gefühlslage der Personen-

Oper der leisen Töne

„Effi Briest“, das Alterswerk von Siegfried Matthus, ist eine Oper von großer Schlichtheit. Eine Musik der leisen Töne, der Stille. Es sind musikalische Miniaturen, auch Orgelklänge, die auf das Geschehen hinführen und sie zu einem Abgesang an das Leben erscheinen lassen. Dieses findet ebenso am Dirigentenpult, in der Inszenierung und in den 23 solistischen Gesangsrollen eine adäquate Umsetzung.

Leider war der Crampas, auch in der Ausstrahlung etwas zu grau. Martin Shalita konnte in der Uraufführung den Part wegen Stimmversagens nur spielen. Dem Apotheker Gießhübler, von Christian Henneberg mit Noblesse verkörpert, hätte man eher den Fehltritt Effis abgenommen. Andreas Jäpel begeisterte als überzeugender Baron von Innstetten, als Mann von Charakter, der sogar als Vater zärtliche Momente zeigen kann, jedoch, Verfangen in den Wertvorstellungen seiner Zeit, die gesellschaftlichen Konventionen nicht zu durchbrechen vermag. Carola Fischer als die warmherzige Kinderfrau Roswitha wird mir ebenso lange im Gedächtnis bleiben.

Wer Fontanes „Effi Briest“ im Schnelldurchlauf kennenlernen will, sollte nach Cottbus fahren.

Weitere Aufführungen stehen am 24.10., 31.10., 22.11. und 21.12.auf dem Spielplan.

 

Puccinis Turandot am Cottbuser Staatstheater: stehende Beifallsbekundungen

Staatstheater Cottbus
TURANDOT
Oper von Giacomo Puccini
Szenenfoto mit: (im Vordergrund) Soojin Moon (Turandot) und Martin Shalita (Calaf); (im Hintergrund) Ulrich Schneider (Timur)
© Marlies Kross

Puccinis letzte  Oper „Turandot“ wurde nach 90 Jahren erstmals wieder am Cottbuser Staatstheater inszeniert.

Das Premierenpublikum war begeistert. Mit stehenden Beifallsbekundungen  bedankte es sich am vergangenen Sonntag, nicht nur bei den Hauptdarstellern, für einen abwechslungsreichen, gelungenen Opernabend

Donizetti besticht durch glänzend melodische Erfindungsgabe

Donizetti, unbestrittener Herrscher der italienischen Oper

Von dem Dreigestirn der italienischen Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts Rossini, Bellini, Donizetti war Letzterer der Produktivste. Auf über 70 Opern hat es der 1797 in Bergamo als Sohn eines Pfandhauspförtners Geborene innerhalb von 27 Jahren gebracht. Er verfügte über eine glänzend melodische Erfindungsgabe, die seinen Werken die Frische und Lebendigkeit verlieh, die das Publikum, das unterhalten werden wollte, von ihm erwartete.

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Cottbus bietet in der neuen Spielzeit ein umfangreiches und vielgestaltiges Programm

Das Theater als Ermutigung, Anregung und Lebenshilfe.

Fast erschien es wie ein Negativ-Symbol: Erstmals in seiner zwölfjährigen Geschichte musste am letzten August-Sonntag das wie schon in den vergangenen Jahren von Tausenden erwartete Theaterfest im Branitzer Pückler-Park mit der Vorschau auf die neue Spielzeit des Cottbuser Staatstheaters wegen des heftigen Regens und der wenig einladenden Kälte kurzfristig abgesagt werden. Erfreulicherweise gestattete es die überraschende Wetterwende, das immer wieder begeisternde Event um nur sechs Tage zu verschieben und nochmals einen wunderbaren Spätsommernachmittag mit einer Fülle von Musik, Theater und Tanz zu genießen.

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Fünfte Saison der Berliner Staatsoper: Von Monteverdi und Telemann bis zur Gegenwart

Vielfältige Vorhaben im Schiller-Theater in 2014/15 geplant  trotz der noch längst nicht abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten im Stammhaus Unter den Linden

Staatsoper im Schillertheater

Staatsoper im Schillertheater, Außenansicht (Foto: Thomas Bartilla)

Anfang September 2014 eröffnet die Berliner Staatsoper ihre fünfte Spielzeit im Ausweichquartier Schiller-Theater. Ihr Leitungsteam mit Intendant Jürgen Flimm und Generalmusikdirektor Daniel Barenboim an der Spitze ließ sich nicht davon beirren, dass die Restaurierungs- und Umbauarbeiten am historischen Stammhaus Unter den Linden noch weitere Zeit in Anspruch nehmen werden, und stellte erneut ein ereignisreiches Veranstaltungsprogramm mit 15 Premieren, davon 6 auf der Werkstattbühne, 21 Werken des Repertoires, einem verlockenden Angebot für die jungen und jüngsten Besucher und einer Vielzahl von Konzerten an unterschiedlichen Orten zusammen, über die die beiden Jahresbroschüren mit ausführlichen Erläuterungen zu den einzelnen neu zu erlebenden Werken und ihren Komponisten umfassend Aufschluss geben. Besonderen Wert legten die Veranstalter auch diesmal auf wenig bekannte, neu zu entdeckende Werke, nicht nur aus der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit.

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Wiederentdeckung im Gedenkjahr: „Merlins Insel oder Die verkehrte Welt“ im Schlosstheater Rheinsberg

Christoph Willibald Gluck hat heitere Opern nicht verschmäht

Joseph Duplessis - Cristoph Wilibald von Gluck at the Spinet - WGA06872Zu dem großen Reformator der Opernkunst im 18. Jahrhundert, Christoph Willibald Gluck, dessen 300. Geburtstag am 2. Juli dieses Jahres bevorsteht, hatte das Schlosstheater Rheinsberg bereits zu seinen Lebzeiten einen engen Kontakt. Der preußische Kronprinz Friedrich, der bis zu seiner Königskrönung 1740 mit seinem Musikensemble einige Jahre in Rheinsberg residierte, fand für den zweieinhalb Jahre jüngeren Komponisten noch kein Interesse. Sein jüngerer Bruder Prinz Heinrich, dem König Friedrich – der „Große“, wie er bald genannt wurde – das Rheinsberger Schloss überließ, beschäftigte sich jedoch mit Gluck sehr intensiv, schätzte ihn hoch und ließ unter seinem Hofkapellmeister Johann Abraham Peter Schulz von 1780 bis 1787 in dem 1774 vollendeten Schlosstheater mehrere seiner Opern aufführen. Schulz versicherte sogar, dass er sämtliche Opern Glucks dirigiert habe, was sich aus den überlieferten Zeugnissen freilich nicht belegen lässt.

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Der Spanier Nacho Duato übernimmt in der kommenden Spielzeit die Leitung des Berliner Staatsballetts

Auf dem Weg zu neuen Ideen und Projekten

Am Berliner Staatsballett beginnt eine neue Epoche. Mit dem Ende seines zehnten Amtsjahres wird dessen Gründungsintendant, Vladimir Malakhov, der kürzlich zum letzten Mal in einer Premiere als Tanzsolist auf der Bühne zu erleben war, im August die Leitung der Compagnie an den – wie in den Pressemitteilungen vermerkt – „weltweit renommierten“ spanischen Choreographen und Ballettdirektor Nacho Duato übergeben. Er leitet seit dem 1. Januar 2011 das Mikhailovsky-Theater in St. Petersburg, war in dieser Zeit aber auch international in einer ganzen Reihe von Gastspielen zu erleben. In einer Pressekonferenz an seiner künftigen Wirkensstätte im Gebäudekomplex der Deutschen Oper in Charlottenburg gab er ausführlich Aufschluss über die Vorhaben seiner bevorstehenden ersten Berliner Spielzeit 2014/15.

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Die Baustelle der Berliner Staatsoper öffnet ihre Pforten

Musiktheater, Konzerte und Besichtigungen laden ein

Es muss noch mit einer längeren Frist gerechnet werden, bis die Berliner Staatsoper den normalen Spielbetrieb in ihrem Stammhaus Unter den Linden wiederaufnehmen kann. Umfangreiche, zum Teil immens kostspielige Arbeiten, nicht in jedem Falle unumstritten, sind noch notwendig, um die Bühnenanlagen wieder voll nutzbar zu machen und die akustischen Verhältnisse im Zuschauerbereich durch eine aufwändige Erhöhung des Dachgeschosses unter weitestmöglicher Erhaltung der historischen Bausubstanz zu verbessern. Auch die umfassende Erneuerung des Intendanzgebäudes, der Räumlichkeiten für die Probenarbeit und die einstigen Magazine ist noch nicht abgeschlossen.

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Potsdamer Musikfestspiele 2013 im Zeichen von Skandinavien

Vorbereitende Pressekonferenz für das 49. Jahr der Potsdamer Musikfestspiele

Die vorbereitende Pressekonferenz für das 49. Jahr der Potsdamer Musikfestspiele fand im Gemeinschaftshaus, „Felleshus“, der Nordischen Botschaften in Berlin statt. Mit gutem Grund: Der gesamte Bereich der nordischen Länder, Skandinavien, ist in diesem Jahre, vom 7. bis 23. Juni, das Thema des Festivals, das erneut, wie schon in den vergangenen Jahren, hohe Anziehungskraft und vielgestaltige Erlebnisse verspricht. Auf dem Programm stehen mehr als 60 Konzerte, Opern, Hausmusiken, Führungen, Land- und Schiffspartien und weitere Veranstaltungen. Tonangebend beteiligt sind daran neben namhaften Kräften aus dem eigenen Land führende Ensembles, Dirigenten, Gesangs- und Instrumentalsolisten aus Schweden, Norwegen und Dänemark.

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„Orfeo ed Euridice“ als Gemeinschaftsaufführung mit dem Staatstheater Cottbus auf der historischen Bühne des Neuen Palais Potsdam-Sanssouci

Auf dem Wege zu einer neuen Gluck-Renaissance ?

Vor 250 Jahren, am 5. Oktober 1762, erlebte Christoph Willibald Glucks erste Reformoper, „Orfeo ed Euridice“, am Wiener Burgtheater die Uraufführung ihrer Erstfassung in italienischer Sprache. Das Jubiläum gab den Anstoß für eine Wiederaufführung des Werkes im Rahmen der diesjährigen Potsdamer Winteroper im historischen Theatersaal des Neuen Palais am Park Sanssouci. Sie sollte höhere künstlerische Ansprüche erfüllen und fand daher in Koproduktion der Kammerakademie Potsdam und des Hans-Otto-Theaters mit dem Staatstheater Cottbus mit renommierten internationalen Gastsolistinnen in den tragenden Partien statt. Die Inszenierung übernahm dessen Intendant und langjähriger Operndirektor, Martin Schüler, dem auch die Initiative für das bedeutungsvolle Unternehmen zu danken war.

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