Über Wolfgang Hanke

Musikkritiker, -wissenschaftler, Autor und Journalist mit Spezialisierung auf die Themen Kirchenmusik, Musiktheater und Orgel, lebte und wirkte von 1930 bis Dezember 2014.

Graf von Brühl: Politiker – Gestalter – Diplomat

Bewegende Gedenkveranstaltung zum 250. Todestag des einstigen sächsischen Staatsministers an seiner letzten Ruhestätte in der Forster Stadtkirche St. Nikolai

Es waren zwei tief bewegende Stunden. Eine Gedenkfeierstunde in der Forster Stadtkirche St. Nikolai erinnerte an den Tod des sächsischen Staatsministers Heinrich Reichsgraf von Brühl vor 250 Jahren, am 28. Oktober 1763, acht Monate nach der Beendigung des Siebenjährigen Krieges, der vor allem das damalige Kurfürstentum Sachsen verheerend in Mitleidenschaft gezogen hatte. Seinem eigenen Wunsch entsprechend, hatte der Standesherr der bis 1815 zu Sachsen gehörigen Herrschaft Forst-Pförten seine letzte Ruhestätte in der Gruft der Forster Kirche gefunden, deren Wiederaufbau ihm nach einer fünfzehn Jahre zuvor erfolgten totalen Brandkatastrophe zu danken war. Sein 1905 erneuerter Prunksarg war in den vergangenen Monaten umfassend restauriert worden und stand während des Gedenkkonzerts noch vor dem Altar in unmittelbarer Nähe von Solisten, Chor und Orchester und dem Podium der Referenten. Sieben Tage später, zum gleichen Zeitpunkt wie 1763, wurde er während eines feierlichen Konzerts von Matthias Eisenberg an der Eule-Orgel und dem Sänger Michael Zumpe wieder in die Gruft überführt.

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Brückenschlag zwischen Korea, Frankreich und Deutschland

Die Internationale Isang Yun Gesellschaft setzt 17 Jahre nach ihrer Gründung neue Akzente

Die Internationale Isang Yun Gesellschaft, 1996, ein Jahr nach dem Tod des koreanischen Komponisten in Berlin gegründet, setzt auch in diesem Jahr ihre umfangreichen Aktivitäten zur Würdigung seines Lebens und Schaffens und zur Vertiefung der Kenntnis seiner Position in der internationalen Musikentwicklung des 20. Jahrhunderts fort. Ihrer diesjährigen Mitgliederversammlung, die am 3. November im Zentralbau der Berliner Universität der Künste in der Bundesallee, dem einstigen Joachimsthalschen Gymnasium, stattfindet, geht am gleichen Ort eine aufschlussreiche Gegenüberstellung von Isang Yun und Claude Debussy voraus. Sie wird am Nachmittag des 2. November eröffnet mit drei gleichzeitig stattfindenden Workshops zur Interpretation von Yuns Flötenmusik, seinen Werken für Violoncello und den 1915 entstandenen Douze Études pour piano von Debussy, mit dessen Schaffen sich Isang Yun in seinen frühen Studienjahren in Paris, Berlin und Freiburg sehr intensiv auseinandergesetzt hat. Geleitet werden die Kurse von dem Flötisten und Musikwissenschaftler Henrik Wiese, der Cellistin Adele Bitter und dem Pianisten Klaus Hellwig; der seit 1980 an der Berliner Universität der Künste unterrichtet.

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Preisträger aus drei Kontinenten

Berlin eröffnete einen Internationalen Kammerensemble-Wettbewerbim Zeichen der Bach-Söhne mit Teilnehmern aus aller Welt

Im Gegenzug zu Leipzig, wo Johann Sebastian Bach 27 Jahre als Thomaskantor wirkte und seit dem Gedenkjahr 1950 immer wieder junge Gesangs- und Instrumentalsolisten aus aller Welt in seinem Namen mit höchstem Anspruch ihre Fähigkeiten erproben, verfügt nun auch Berlin über einen Internationalen Bach-Wettbewerb. Er wurde von der 2011 gegründeten Early Music Society Berlin e.V. angeregt. Maßgeblich von der Fakultät Musik der Berliner Universität der Künste und deren Institut für Alte Musik getragen, fand er erstmals Ende September an drei Tagen im Joseph-Joachim-Konzertsaal des einstigen Joachimsthalschen Gymnasiums in der Wilmersdorfer Bundesallee statt. Im Brennpunkt stand allerdings nicht Johann Sebastian Bach. Vielmehr sind seine drei berühmtesten Söhne, Wilhelm Friedemann, Carl Philipp Emanuel und Johann Christian, die Namensgeber. Sie lebten, wie der Vorstandsvorsitzende der Early Music Society, Jürgen Schleicher, in seinem Grußwort vor dem Finalkonzert ausführte, „von 1740 bis 1784 insgesamt 43 Jahre in Berlin und prägten in dieser Zeitspanne maßgeblich das Musikleben der erwachenden europäischen Metropole“. Eingeladen waren diesmal nicht primär Solisten, sondern Kammerensembles mit weitestgehend historischen Streich-, Blas- und Tasteninstrumenten.

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Beispielloser Glücksfall

Hinreißende neue Akzente in Mühlenbeck mit der genialen jungen Geigerin Elfa Rún Kristinsdóttir aus Island

Es war ein geradezu beispielloser Glücksfall. Buchstäblich in letzter Minute gelang es Konzertmeister Georg Kallweit, für ein wegen schwerer Erkrankung nicht realisierbares Gastspiel der Berliner Akademie für Alte Musik in der Mühlenbecker Dorfkirche einen nicht nur vollwertigen, sondern wahrhaft hinreißenden Ersatz zu finden: einen Duoabend mit der charmanten, wunderbar sensibel, aber auch packend kraftvoll musizierenden jungen isländischen Geigerin Elfa Rún Kristinsdóttir und ihrem Partner Santiago Medina. Sie hatten für ihr Programm höchst einprägsame, zum Teil aber auch sehr humorvolle Werke für zwei Violinen und Violine solo von Georg Philipp Telemann, Johann Paul Westhoff, Jean Marie Leclair und Heinrich Ignaz Franz Biber ausgewählt.

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Faszinierende Klänge

Matthias Eisenberg eröffnete den 4. Uckermärkischen Orgelfrühlingan der restaurierten Schuke-Orgel der Brüssower Sophienkirche

Die Uckermark gibt dem Musikland Brandenburg ein Beispiel. Seit 2010 veranstaltet sie alljährlich von Ende Mai bis Anfang/Mitte Juni ein reichlich zweiwöchiges Festival, den „Uckermärkischen Orgelfrühling“, der auf die interessantesten Instrumente der Region rund um Prenzlau, Angermünde, Templin und Lychen aufmerksam machen und ihre Erbauer und Restauratoren würdigen möchte. Die uckermärkische Orgellandschaft hat ihr ganz eigenes Gesicht, aber sie ist in den vergangenen Jahrzehnten viel zu wenig beachtet worden. Nicht wenige ihrer Instrumente wurden am Ende des zweiten Weltkriegs schwer in Mitleidenschaft gezogen oder gänzlich zerstört. Den immer kleiner gewordenen Kirchengemeinden fehlten oft genug die nötigen Mittel, sie wiederherstellen oder durch Neubauten ersetzen zu lassen. Das von der Stiftung Uckermärkische Orgellandschaft initiierte Festival möchte einen Anstoß dazu geben und bei den Bewohnern der Orte, vor allem aber den offiziellen Institutionen Spendenbereitschaft wecken helfen. Für die Konzerte an herausragenden Instrumenten werden daher ganz bewusst auch sehr namhafte, international anerkannte Interpreten gewonnen, die die Fähigkeit besitzen, sie mitreißend und bewegend zum Klingen zu bringen.

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Uruk – Megacity des alten Orients

Faszinierende Ausstellung im Berliner Vorderasiatischen Museum

Hundert Jahre sind vergangen, seit die damalige Deutsche Orient-Gesellschaft ihre erste Ausgrabungskampagne in den Ruinen der einstigen sumerischen Metropole Uruk am Ufer des Euphrat beenden konnte. Der erste Weltkrieg und die Inflation am Beginn der 1920er Jahre machten zunächst weitere Forschungen vor Ort unmöglich. Doch bereits damals waren sich die an den umfangreichen Arbeiten beteiligten Archäologen bewusst, dass sie hier eine der gewaltigsten, wirtschaftlich, verwaltungstechnisch und kulturell fortgeschrittensten Ansiedlungen des Vorderen Orients aus dem Altertum aufgespürt hatten. Mit der Weiterführung der Grabungen von 1928 bis 1939 und seit 1954 vertiefte sich die Erkenntnis, dass Uruk schon vor fünf Jahrtausenden eine „Megacity“ mit bis zu 60 000 Bewohnern war und von einer machtvollen Priesterkaste beherrscht wurde.

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Ein Werk der Altersweisheit

Die vierte von Lothar Graaps Passionsmusiken erlebte in Schöneiche-Fichtenau ihre Uraufführung

Nach fast sechs Jahrzehnten hat Lothar Graap im 80. Lebensjahr das „Quadrivium“ seiner Passionsmusiken zum Abschluss gebracht. Er begann bereits 1954/55, unmittelbar nach der Beendigung seines Studiums an der Kirchenmusikschule in Görlitz und der Berufung in sein erstes Kantorenamt in der Flämingstadt Niemegk, mit einer Lukas-Passion „Das Kreuz Christi“ für Bariton-Solo und ein- bis dreistimmigen a-cappella-Chor, die in seinem 2011 gedruckt erschienenen Werkeverzeichnis die Nummer GWV 2 erhielt. 1973, am Ende seines vierten Lebensjahrzehnts, entstand in Cottbus eine Markus-Passion nach Jörg Zink für vierstimmigen Chor a cappella mit fünf Orgelmeditationen, die, wie schon das erste Werk, gleichfalls im Wolfenbütteler Möseler-Verlag erschien und die GWV-Nr. 77 erhielt. Den Passionsbericht des Johannes-Evangeliums GWV 101 vertonte Graap 1981 für dreistimmigen Chor, Sprecher, zwei Solostimmen und Orgel. Erstaunlicherweise konnte er ihn in einem der staatlichen Musikverlage der damaligen DDR, dem Deutschen Verlag für Musik in Leipzig, veröffentlichen.

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Widerhall aus dem Lokschuppen

György Kurtágs „Kafka-Fragmente“ in einer einprägsamen filmischen Installation – Ausstellung und Live-Konzertinder Eric F. Ross Galerie des Berliner Jüdischen Museums

Ein ungewöhnliches Musik- und Video-Ereignis ist gegenwärtig, bis zum 26. April, in der Eric F. Ross Galerie des Berliner Jüdischen Museums zu erleben. Die Initiative ging aus von der aus Israel stammenden Geigerin Nurit Stark, die an der Juilliard School in New York und der Universität der Künste in Berlin studiert hatte. Sie hegt eine besondere Leidenschaft für die Neue Musik und lernte auch den 1926 in Siebenbürgen geborenen ungarischen Komponisten jüdischer Herkunft György Kurtág, der wiederholt in Berlin zu Gast war, bei persönlichen Begegnungen kennen und hoch schätzen. Ihre Idee war es, sein Schaffen einem möglichst breiten Kreis von Hör- und Aufnahmewilligen nahezubringen. Ihr besonderes Interesse galt einem von Kurtágs bemerkenswertesten und hintergründigsten Werken, den 1985/87 entstandenen Kafka-Fragmenten op. 24 für Sopran und Violine, die im Jahr ihrer Vollendung bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik ihre Uraufführung erlebt und immer wieder nachhaltigen Widerhall gefunden hatten. Gemeinsam mit der Sopranistin Caroline Melzer, die bereit war, die Gesangspartie zu übernehmen, fand sie Gleichgesinnte in der in Berlin bereits mehrfach hervorgetretenen englischen Bühnenbildnerin und Videokünstlerin Isabel Robson und der Filmwissenschaftlerin Susanne Vincenz. Sie unternahmen es, das Werk in einer filmischen Installation zu präsentieren. Ihrer Präsentation gaben sie den Titel „Roundhouse Reverb“, den man als „Widerhall aus dem Lokschuppen“ übersetzen könnte.

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EUROPA JAGIELLONICA

Kunst und Kultur Mitteleuropas unter der Herrschaft der Jagiellonen – Bedeutungsvolle Ausstellung im Potsdamer Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte

Das Potsdamer Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte ist für zweieinhalb Monate, bis zum 16. Juni, wieder in das internationale Blickfeld gerückt. Eine umfangreiche, mit vielen Kostbarkeiten spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Bildkunst bestückte Ausstellung macht mit den aktuellen Forschungsergebnissen über die litauisch-polnische Jagiellonen-Dynastie vertraut, der nahezu zwei Jahrhunderte, von 1386 bis 1572, bedeutungsvolle politische und kulturelle Initiativen zu danken waren. Zeitweilig umspannte das Herrschaftsgebiet dieser über mehr als sechs Generationen weitverzweigten Fürstenfamilie beträchtliche Teile Ost- und Mitteleuropas. Um 1500 waren die Jagiellonen das mächtigste Königshaus in der Mitte Europas. Ihr Herrschaftsgebiet reichte für einige Jahrzehnte von der Ostsee bis zur Adria und von der Elbe bis zum Schwarzen Meer. Damit legten sie, wie in den Begleittexten der Ausstellung zu lesen ist, die historischen Wurzeln für ein modernes Europa.

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Neuer Titularorganist an der Berliner Nikolaikirche

Umfangreiches Musikprogramm zum Themenjahr „Zerstörte Vielfalt“

Musik wird im umfangreichen Veranstaltungsprogramm des Berliner Stadtmuseums auch weiterhin eine herausragende Rolle spielen, vielleicht sogar einen noch größeren Anteil übernehmen als in den vergangenen Jahren. Am 27. Februar wurde mit Carsten Albrecht ein neuer Titularorganist berufen, der in den nächsten fünf Jahren in enger Zusammenarbeit mit der Museumsleitung das musikalische Profil der Nikolaikirche weiter schärfen und das Programm um neue Akzente bereichern wird.

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